"Persönlich": Wann dürfen Sie Briefe öffnen und wann nicht?


Während meiner Arbeit als Chefsekretärin fragte ich meinen damaligen Chef gleich bei "Amtsantritt", welche an ihn gerichteten Briefe ich öffnen dürfte und welche nicht.

Seine grinsende Reaktion: "Sie dürfen alle Briefe außer den parfümierten öffnen." Da meine Nase außerordentlich gut funktioniert, war das also kein Problem. Leider geht es nicht immer so einfach.

Beispiel:
Frau Eifrig erhält immer wieder Briefe für ihren Chef, die so adressiert sind:

Herrn Peter Wichtig
Schlaumeier GmbH


Sie ist sich sicher, dass sie diese Briefe nicht öffnen darf. Das hat sie während ihrer Sekretärinnenausbildung so gelernt. Doch Frau Eifrig täuscht sich.

Denn: Steht lediglich der Name des Empfängers vor dem Firmennamen, ist der Brief nicht persönlich adressiert und darf von anderen Personen im Unternehmen geöffnet werden.

Auch wenn der Firmenname zuerst steht und dann der Empfängername folgt, darf der Brief aufgemacht werden.

Die Poststelle und andere zuständige Mitarbeiter dürfen einen Brief öffnen, der so adressiert ist:

Frau
Dr. Maria Meier
Rieger GmbH
Möllerstraße 12 - 14
13546 Berlin


Beachten Sie: Wenn dieser Brief nur von Frau Meier persönlich geöffnet werden dürfte, würde während Frau Meiers Abwesenheit möglicherweise dringende geschäftliche Post unbearbeitet bleiben.

Das kann nicht im Interesse des Unternehmens sein. Haben Sie etwas wirklich Persönliches zu verschicken und möchten Sie sicherstellen, dass diese Briefe nur vom Empfänger geöffnet werden, müssen Sie die Adresse um den Vermerk "Persönlich" ergänzen.

Der Versendungsvermerk "Persönlich" steht in der Zeile oberhalb des Namens. Ist der Versendungsvermerk einzeilig - wie in unserer Beispieladresse "Dr. Maria Meier" -, beginnt er in der dritten Zeile des Anschriftenfelds. "Persönlich" wird nicht unterstrichen oder fett gedruckt.

Ein so adressierter Brief darf nur von Frau Meier persönlich geöffnet werden:

Persönlich
Frau Dr. Maria Meier
Rieger GmbH
Möllerstraße 12 - 14
13546 Berlin

Diskutieren Sie nicht mit Mitarbeitern

Es gibt immer wieder Mitarbeiter, die darauf bestehen, dass alle Briefe, auf denen ihr Name als Erstes in der Anschrift genannt wird, nur von ihnen persönlich geöffnet werden dürfen.

Wir empfehlen: Diskutieren Sie nicht mit diesen Kollegen. Wenn diese Damen und Herren darauf bestehen, dass sie Recht haben, zücken Sie einfach das folgende Urteil.

Dieses belegt, dass nur Briefe, auf denen "Persönlich" steht, wirklich ausschließlich vom Empfänger persönlich geöffnet werden dürfen - und eben nicht von der Poststelle oder anderen Kollegen.

Dieses Urteil regelt, wann Briefe geöffnet werden dürfen

Eine Mitarbeiterin erhielt regelmäßig Post an ihren Arbeitsplatz. Diese war
sowohl an das Unternehmen als auch an die Arbeitnehmerin adressiert. Die Post wurde deshalb in der Poststelle geöffnet, gesichtet, mit einem Eingangsstempel versehen und dann an die Arbeitnehmerin weitergeleitet.
Die Poststelle folgte damit der offiziellen Regelung im Unternehmen.
Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wollte die Arbeitnehmerin erreichen, dass die Post ungeöffnet an sie weitergeleitet wird. Sie behauptete, durch die Öffnung der an sie adressierten Post würde das Postgeheimnis verletzt und in ihr allgemeines  Persönlichkeitsrecht eingegriffen.

Das Landesarbeitsgericht Hamm lehnte den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ab. Die Richter stellten fest, dass der Arbeitgeber die an ihn und die Arbeitnehmerin gerichtete Post selbstverständlich öffnen lassen dürfe. Etwas anderes gelte nur, wenn aus der Postsendung durch Zusatzvermerke eindeutig erkennbar sei, dass die Postsendung ausschließlich an die Arbeitnehmerin persönlich gerichtet sei. (LAG Hamm, Urteil vom 19.2.2003, Az: 14 Sa 1972/02)

Was bedeutet das für Sie?

Post, die nicht mit "Persönlich" oder "Vertraulich" gekennzeichnet ist, darf von anderen Personen als dem Empfänger geöffnet werden. Berücksichtigen Sie das, wenn Sie selbst Briefe verschicken. Soll wirklich nur der Empfänger persönlich den Brief öffnen, müssen Sie einen Vertraulichkeitsvermerk ergänzen.

Manchmal gibt es firmeninterne Regelungen, die anders lauten. Erkundigen Sie sich auch, welche Regelung in Ihrem Unternehmen gilt, damit Sie nicht gegen firmeninterne "Gesetze" verstoßen.

Falls Sie keine allgemeine Regelung zur Öffnung der Post in Ihrem Unternehmen haben, ist eine Information an die Mitarbeiter sinnvoll, wann Post persönlich ist und wann nicht. Denn in den meisten Unternehmen besteht Unsicherheit hinsichtlich der Regelungen zur persönlichen Post.

Tipp: Wenn Sie eine Kollegin vertreten, fragen Sie sie, wie sie das mit ihrem Chef handhabt, und richten Sie sich für die Vertretungszeit danach. Das schont die Nerven.

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