Bilden Sie sich Ihr Urteil: Darf "frau" eine Schwangerschaft verschweigen?


Das war der Fall: Eine Krankenschwester ging im Anschluss an die Geburt ihres ersten Kindes in Erziehungsurlaub, der drei Jahre dauern sollte. Noch vor Ende des Erziehungsurlaubs bat der Arbeitgeber die Krankenschwester um die Verkürzung ihres Erziehungsurlaubs und die Aufnahme einer Schichttätigkeit. Die Krankenschwester entsprach dieser Bitte und nahm ihre Vollzeitarbeit wieder auf. Gleich am nächsten Tag informierte sie ihren Vorgesetzten, dass sie erneut im 7. Monat schwanger sei.

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Die Vollzeittätigkeit hatte sie ganz klar deshalb angetreten, um Mutterschaftsgeld statt des niedrigeren Erziehungsgeldes beanspruchen zu können. Der Arbeitgeber beurlaubte die Klägerin daraufhin und focht ihre Willenserklärung, die Arbeit vor Beendigung des ersten Erziehungsurlaubs wieder anzutreten, aus 2 Gründen an:

  1. wegen arglistiger Täuschung
  2. weil die Krankenschwester wegen der Beschäftigungsverbote des § 4 II MuSchG keine vollwertige Arbeitskraft mehr war. 

Die Krankenschwester dagegen meinte: Sie sei nicht dazu verpflichtet gewesen, ihre Schwangerschaft mitzuteilen. Sie könne – von einigen Einschränkungen abgesehen
– ihre Tätigkeit als Krankenschwester bis zum Beginn des Mutterschutzes weiter ausüben, wie sie dies während ihrer ersten Schwangerschaft auch getan habe.

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So entschieden die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)

Nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 ist jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hinsichtlich der Arbeitsbedingungen verboten. Die Krankenschwester war daher nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass sie schwanger ist.
Dies gilt selbst dann, wenn sie wegen bestimmter gesetzlicher Beschäftigungsverbote ihre Tätigkeit nicht in vollem Umfang ausüben kann.

Auch die Tatsache, dass die Klägerin das Ziel verfolgte, einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld, das höher als das Erziehungsgeld ist, zu erhalten, kann eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hinsichtlich der Arbeitsbedingungen nicht rechtfertigen (EuGH 27.02.03, C-320/01).

Fazit für Sie: Gleichgültig, auf welcher Parteienseite Sie sich gerade befinden  (Mitarbeiterin oder Assistentin und damit Vertreterin des Arbeitgebers): Fragen an eine potenzielle Mitarbeiterin nach einer Schwangerschaft vor ihrer geplanten Einstellung sind nicht erlaubt. Damit verstößt der Arbeitgeber gegen § 7 Abs. 1 AGG. Dies gilt auch dann, wenn die Mitarbeiterin die vorgesehene Tätigkeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zunächst nicht aufnehmen kann.

Eine derartige Frage stellt eine unzulässige Diskriminierung nach dem Geschlecht dar. Die Mitarbeiterin darf in diesem Fall sogar lügen.

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