So üben Sie Kritik, ohne andere zu verletzen


"Die wahre Kunst der Kommunikation" - so sah es die englische Schriftstellerin Lady Dorothy Nevill - "liegt nicht nur darin, das Richtige am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sagen. Man muss auch das Falsche im verlockenden Moment ungesagt lassen."

Nicht immer ist Kritik angebracht, und nicht immer ist sie hilfreich. Bevor Sie ein Kritikgespräch ins Auge fassen, beantworten Sie sich selbst bitte diese Fragen: Muss ich überhaupt kritisieren? Und muss ich wirklich jetzt, in dieser Situation kritisieren?

Wie es Ihnen gelingt, dass beide Parteien von Ihrer Kritik profitieren, lesen Sie in Der große Knigge im Kapitel K66 "Kritikgespräche".

Warum wollen Sie Kritik üben?

Das Gegenteil von "gut" ist bekanntlich "gut gemeint". Vermutlich wollen Sie mit Ihrer Kritik einer anderen Person helfen. Oder doch nicht? Sie müssen sich nicht nur über Ihre eigenen Absichten im Klaren sein. Auch die Folgen Ihrer Kritik sollten Sie rechtzeitig überdenken. Eine Kritik - vor allem eine unbedacht vorgetragene - bedeutet fast immer einen Angriff auf das Selbstwertgefühl Ihres Gegenübers.

Sehr häufig dient Kritik auch dazu, das eigene Selbstwertgefühl zu heben - etwa wenn Sie sich dabei auf die Schulter klopfen und sagen "Da habe ich mal wieder Recht behalten!" Gestehen Sie dem Objekt Ihrer Kritik auch einmal das menschliche Recht zu, Fehler zu machen. Hier ist - um mit Lady Nevill zu sprechen - Schweigen die bessere Methode.

3 Fragen, die Sie sich vor Ihrer Kritik stellen sollten

Dieter Zittlau, Verhaltenspsychologe und Experte für Konfliktmanagement, nennt drei Fragen, die Sie sich zwecks Klärung Ihres Zieles vor einem Kritikgespräch - stellen sollten:

  • Dient Ihre Kritik dazu, Ihrem Ärger Ausdruck zu verleihen?
  • Soll das Kritikgespräch mit einem Zugeständnis Ihres Gegenübers enden?
  • Soll die Kritik zu einer zukünftigen Verhaltensänderung Ihres Gegenübers führen?

Kritik ist nicht gleich Tadel

In unserem Sprachgebrauch wird Kritik häufig mit Tadel, Zurechtweisung  und Ablehnung gleichgesetzt. Diese Betrachtungsweise ist jedoch zu einseitig. Der Begriff Kritik stammt aus dem Griechischen: "téchne kritiké" ist die Kunst der Beurteilung. In der Zeit der Aufklärung wurde der Begriff positiv besetzt: Zweck der Kritik war es, mittels Vernunft und Verstand der gesamten Menschheit zu nützen - und nicht etwa dem Einzelnen zu schaden.

Schweigen Sie nicht, wenn es klärender Worte bedarf

Sinnvoll angeführte Kritik hilft den Betroffenen weiter. Wichtig ist, dass Sie bei Ihrer Kritik gewisse Spielregeln beachten. Neben der inhaltlichen Begründung muss auch die äußere Form stimmen: der richtige Zeitpunkt, eine taktvolle Wortwahl, die angemessene Berücksichtigung der Situation.

Erfüllen Sie diese Voraussetzungen, wird man Ihnen Ihre Kritik nicht übel nehmen. Im Gegenteil, Sie ernten sogar Dankbarkeit.

Warum der richtige Zeitpunkt so wichtig ist und welche Bedeutung die Geprächsatmosphäre für Ihre Kritik hat, lesen Sie in Der große Knigge.

Nichts geht über eine gute Vorbereitung

Spontaneität und gerechtes Urteilen schließen einander aus. Stürzen Sie sich niemals Hals über Kopf in ein Kritikgespräch! Besser ist es, wenn Sie sich in Ruhe hinsetzen und sorgfältig die einzelnen Punkte vorbereiten. Beantworten Sie dazu folgende Fragen:

  • Was sind die Gründe für Ihren Ärger/Ihre Unzufriedenheit?
  • Was beabsichtigen Sie mit Ihrer Kritik?
  • Haben Sie selbst auch Fehler gemacht?
  • Haben Sie alle Informationen?
  • Wie wird Ihr Gegenüber reagieren?
  • Rechnen Sie mit Rückfragen?