Leserinnenfrage: Was tun, wenn man ein Weichei ist?


 „Guten Tag, Frau Rodatus,

als treue Leserin von Assistenz & Sekretariat inside wende ich mich heute an Sie. Auf der Homepage www.sekretaerinnen.de gibt es einen interessanten Beitrag mit dem Titel: ‚Hilfe, mein Chef ist ein Weichei!‘

Was aber tun, wenn man selbst ein Weichei ist? Gerade habe ich eine entsprechende Situation erlebt: Ich (Chefsekretärin auf höchster Ebene) muss einen Brief zurückziehen, den ich schon in die Post gegeben habe. Ich rufe bei der hauseigenen Poststelle an und bitte darum, mir den Brief herauszusuchen und in mein Postfach zu legen.

Die Mitarbeiterin antwortet, ich soll selbst kommen und den Brief heraussuchen. Ich frage – ganz zaghaft –, ob es denn vielleicht nicht doch möglich wäre, dass sie mir den Brief ... Letztendlich habe ich mich aber nicht durchgesetzt.

Dieses Telefonat hat unsere Personalchefin mitgehört, die auf einen Termin bei meinem Chef wartete. Ihr Kommentar: ‚Frau Winter, Sie sind zu lieb!‘

Ich ärgere mich immer wieder maßlos über mich selbst und frage mich: Gibt es einen Weg aus der ‚Lieb- Sackgasse‘?

Wie kann ich es lernen, mir selbst mehr Autorität zu verleihen und es durchzusetzen, dass Mitarbeiter meine Anweisungen ausführen?“

Denise Winter, München

 

Hier unsere Antwort:

Aus einem „Weichei“ wird nicht von heute auf morgen die toughe Businessfrau. Und es ist für uns alle auf dieser Welt etwas sehr Bereicherndes, wenn es noch warmherzige, rücksichtsvolle und mitfühlende Menschen gibt.

Ellenbogenmanier und Gefühlskälte sind keine besonders erstrebenswerten Eigenschaften, auch wenn unsere Umwelt uns das immer wieder vermitteln möchte.

Allerdings brauchen Sie in Ihrer verantwortungsvollen Position Durchsetzungskraft und Autorität, um glaubwürdig zu erscheinen und weiterhin Ihren Weg zu gehen.

Deshalb sollten Sie an der Bestimmtheit Ihres Auftretens und an einer selbstsicheren Kommunikation feilen. Üben können Sie das vorab schon einmal im Privatleben. Da ist der Gesichtsverlust nicht so groß, wenn es nicht gleich klappt.

Beobachten Sie sich.

Wo im privaten Bereich ärgern Sie sich immer wieder über sich selbst, weil Sie zu viel Zugeständnisse machen und nachgeben? Hier können Sie Selbstbewusstsein üben.

Sagen Sie öfter mal freundlich und bestimmt:

„Nein, heute nicht. Ich habe noch sehr viel zu tun“, wenn z. B. Ihre Freundin Sie schon wieder um einen Gefallen bittet.

Lassen Sie sich an der Kasse im Supermarkt nicht einfach wegdrängeln – nach dem Motto „Der Klügere gibt nach“, sondern sagen Sie forsch: „Einen Moment, so bitte nicht. Sie haben sicher übersehen, dass ich schon vor Ihnen in der Reihe stand.“

Lassen Sie sich im Restaurant nicht unfreundlich behandeln, ohne sich zu beschweren, sondern bemerken Sie selbstbewusst: „Unter gutem Service habe ich mir etwas anderes vorgestellt. So kommen Ihre Kunden nicht wieder!“

Und sagen Sie auch zu Hause einfach einmal: „Ich habe heute keine Lust zum Bügeln. Wer diese Woche noch faltenfreie Hemden oder Blusen haben will, muss es selbst machen.“

Seien Sie gewappnet:

Ihr Umfeld wird erst einmal nicht besonders erfreut auf Ihre „neue Zickigkeit“ reagieren.

Sie waren doch immer so lieb und ausgeglichen! Und jetzt machen Sie auf einmal Probleme und werden „schwierig“. An diesem Feedback Ihres Umfelds werden Sie selbst besonders knabbern. Denn Sie wollen doch immer von allen gemocht werden. Aber da müssen Sie durch.

Auch im Beruf wird es Ihnen ähnlich ergehen, wenn Sie Ihr Verhalten umstellen und der Dame an der Poststelle dann freundlich und bestimmt entgegnen:

„Ich gehe davon aus, dass alle hier im Unternehmen ihre Arbeit mit vollem Einsatz machen. Ich bin ganz sicher, Sie auch, Frau XY. Herr Schneider erwartet, dass der Brief noch heute geändert abgeschickt wird. Es ist viel effizienter für alle Beteiligten, wenn Sie mir den Brief in der nächsten Stunde ins Büro bringen. Vielen Dank jetzt schon, Frau XY.“

Trotzdem: Üben Sie das neue Verhalten wieder und immer wieder, bis es für Sie zur Selbstverständlichkeit wird. Und plötzlich merken Sie, dass es auch für Ihr Umfeld ganz selbstverständlich ist, dass Sie sich durchsetzen oder „Nein“ sagen.

Tipp:

Wenn Sie das Gefühl haben, Sie kommen allein nicht weiter, dann suchen Sie sich einen Coach oder einen Verhaltenstherapeuten, der Ihnen dabei hilft.

Sie brauchen keine tiefenpsychologische Analyse zu machen, sondern einfach ein neues Verhalten einzutrainieren. Viel Glück auf dem Weg zu mehr Durchsetzungsfähigkeit! Aber vergessen Sie Ihre wichtigen weichen Seiten nicht!

 

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